BRAVÖ
Bodenfruchtbarkeit und Nachhaltigkeit auf vieharmen und viehlosen Öko-Betrieben durch betriebliche Innovationen steigern

Durch fortschreitende Spezialisierung, mangelnde Rentabilität der Tierhaltung und weitere Gründe wirtschaftet eine wachsende Zahl landwirtschaftlicher Öko-Betriebe ohne oder mit nur sehr wenigen Tieren. Die viehlosen und vieharmen Betriebe mit weniger als 0,2 GV/ha konzentrieren sich vor allem in den Regionen mit hohem Acker- und Sonderkulturanteil und können deswegen nur eingeschränkt über Futter-Mist-Kooperationen organischen Dünger zuführen. Diese Betriebe unterliegen erheblichen Anstrengungen, um eine nachhaltige Bewirtschaftung insbesondere in Bezug auf die Bodenfruchtbarkeit zu gewährleisten.

Viele Betriebsleiter setzen sich praktisch bereits intensiv mit dieser Thematik auseinander. Eine Reihe von Betrieben verfolgt betriebsangepasst neue Ansätze, um die Bodenfruchtbarkeit zu sichern und die Erträge stabil zu halten. Oft fehlt jedoch ein Austausch über diese betriebseigenen Innovationen mit Kollegen und Beratern. Darüber hinaus liegen kaum wissenschaftliche Untersuchungen dazu vor. Insbesondere die Möglichkeiten, wie bestehende Systeme hinsichtlich Arbeitswirtschaft, Betriebsabläufen und der Düngestrategie selbst optimiert werden können, sind unklar.

Genau hier setzt das EIP-Projekt BRAVÖ an:

Ziel des Projektes ist die Untersuchung und Bewertung verschiedener Innovationen zum Erhalt und der Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit, die bereits auf viehlosen oder vieharmen Öko-Betrieben eingesetzt werden.

Der Forschungsring e.V. und die Demeter Beratung e.V. koordinieren das Projekt BRAVÖ im Auftrag für die Landesarbeitsgemeinschaft Demeter Baden-Württemberg, in dem insgesamt 20 Öko-Betriebe durch den Beratungsdienst Ökologischer Landbau Ulm sowie durch die Universität Hohenheim und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen begleitet werden. Das Projekt wird durch die EU im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft (EIP-Agri) und im Rahmen des Maßnahmen- und Entwicklungsplans Ländlicher Raum Baden-Württemberg gefördert (2014 – 2020 MEPL III).

Praktiken zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit

Im Zentrum des Projektes stehen 10 Öko-Betriebe, die bereits eine Innovation zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit etabliert haben, und 10 Testbetriebe, die an der Umsetzung dieser Innovationen interessiert sind und diese ab dem zweiten Projektjahr (2018) ausprobieren. Dadurch wird die Übertragbarkeit auf andere Standorte geprüft und die Verbreitung der identifizierten Methoden gefördert.

 Zu den Innovationen gehören:

  • der Einsatz von Düngemitteln auf Kleegrasbasis: frisch geschnittene Kleegrasbiomasse (Cut-& Carry) und Kleegrassilage,
  • Verfahren zur Kompostierung von organischem Material aus dem eigenen Betrieb und aus externen Quellen,
  • die Kombination von neuen Gründüngungsvarianten, einschließlich der Verwendung von Fermenten,
  • modifizierte bzw. reduzierte Bodenbearbeitungssysteme.

Wissenstransfer zwischen Innovations- und Testbetrieben

Diese Verfahren werden auf öffentlichen Feldtagen vorgestellt. So konnte bereits die Dichtsaat von Körnerleguminosen als Vorfrucht vor Gemüse bei Klaus Wais in Stuttgart besichtigt und diskutiert werden, sowie die Dichtsaat von Roggen als Vorfrucht und Mulch für die Direktsaat von Soja im Betrieb Ruesch in Buggingen. Bodenlockerung in wachsender Zwischenfrucht sowie die Flächenrotte mit Fermenten waren Themen auf zwei Feldtagen bei Manfred Kränzler in Isingen sowie bei Friedrich Wenz bei Schwanau. Ein Fachtag zur Technik der nichtwendenden Bodenbearbeitung fand am Hofgut Holland in Ochsenhausen zusammen mit dem Projekt Bodenfruchtbarkeitsfonds der Bio Stiftung Schweiz statt und war ebenfalls sehr gut besucht. Die praktische Vorstellung der innovativen Maßnahmen zur Bodenfruchtbarkeit auf diesen Feldtagen fördert erfolgreich die Wissensweitergabe und die Vernetzung der unterschiedlichen Akteure.

Nachhaltigkeitsanalyse
viehlos und vieharm wirtschaftender Öko-Betriebe

Es wird eine Nachhaltigkeitsanalyse der 10 Innovationsbetriebe durchgeführt. Dazu werden ausgewählte Umweltwirkungen betrachtet, u.a. die Auswirkungen auf den Klima- und Ressourcenschutz.
Die Basis der Bewertung bilden Nährstoffbilanzen auf Hoftor- und Feldebene. Diese werden ergänzt durch Angaben zu Arbeitsverfahren und Erträgen, sowie weitere betriebliche Kennzahlen. Wichtig ist dabei, dass die Innovationen im Kontext des Gesamtbetriebes betrachtet werden.

Zur wirtschaftlichen Bewertung werden zusätzlich ökonomisch relevante Betriebsdaten erhoben. Anschließend wird geprüft, inwieweit die von den Innovatoren eingesetzten Maßnahmen zu einer Verbesserung des Betriebsergebnisses führen. Dabei wird der Nutzen, bzw. der Erlös einer Innovation den entstehenden Kosten gegenübergestellt. Nicht immer kann der Nutzen der Innovation, wie beispielsweise eine sich über mehrere Jahre aufbauende Bodenfruchtbarkeit, innerhalb der Projektlaufzeit in belastbaren Daten wiedergegeben werden.

Die Einführung der Innovationen hat in manchen Fällen Auswirkungen auf den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb. Dies ist zum Beispiel bei Cut-& Carry der Fall, wenn organisches Material von der einen Fläche entnommen und auf eine andere Fläche aufgebracht wird. Die hierbei entstehenden Verflechtungen innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebs, wie Nährstoffverlagerungen, die Kosten für die Maßnahme und die benötigte Arbeitszeit können mit Hilfe einer linearen Programmierung abgebildet und die Auswirkungen auf den Gesamtdeckungsbeitrag dargestellt werden. Jedoch sind die Auswirkungen der Innovationen auf den Betrieb nicht immer tiefgreifend. In solchen Fällen werden mit Deckungsbeitragsvergleichen die ökonomischen Auswirkungen der durchgeführten Maßnahmen errechnet.

Exaktversuch zur Bewertung von Kleegrasdüngern

Der Feldversuch konzentriert sich auf Kleegras-basierte Düngemittel, die im Betrieb oder in angrenzenden Betrieben produziert werden können, was zu einer höheren N-Fixierung führt und als Transferdünger für nährstoffreiche Kulturen wie z.B. Feldgemüse oder Mais dienen kann. Es werden die verschiedenen Kleegrasdünger Kleegras-Silage mit zwei unterschiedlichen Applikationsterminen, Biogasreste aus Kleegras, Kleegraspellets und, frisch geschnittene Kleegrasbiomasse im Vergleich zu den „Standards“ kompostiertem Mist und, Horngries mit einer ungedüngten Kontrolle in Kartoffeln bewertet. Darüber hinaus wird der Carry-Over-Effekt der Düngemittel auf die nachfolgende Kultur Sommerweizen bewertet.

Dokumentation der Ergebnisse

Aufbauend auf der Nachhaltigkeitsbewertung sowie den Erfahrungen aus den Exakt- und On-Farm-Versuchen und der praktischen Umsetzung der Innovationen in den Betrieben, werden von den Beratern und Forschern Empfehlungen für die Entwicklung der Betriebe sowie für die Umsetzung der Innovationen auf anderen Betriebe gegeben. Eine zusätzlich, im ersten sowie im letzten Versuchsjahr, durchgeführte Gefügeansprache gibt einen optischen Eindruck von der Bodenbeschaffenheit und unterstützen die Ableitung von Empfehlungen für die Praxis. Abschließend wird zum Projektende im Frühjahr 2020 eine Broschüre erstellt, in der die Innovationen der 10 Öko-Betriebe dokumentiert und bewertet werden. 

Tabelle 1: Übersicht der von den Betrieben angewandten Maßnahmen und ihre Auswirkung  laut aktueller Literatur auf die chemische, physikalische und biologische Bodenfruchtbarkeit von viehlosen und vieharmen ökologisch wirtschaftenden Betrieben 

++ sehr positiv, + positiv, o neutral, – negativ, ? geringe Datengrundlage